:: PROJEKT
Mon – 32 Bau eines Kindergartens für Roma in Podgorica
:: FINANZIERT VON
Deutsches Auswärtiges Amt
:: PROJEKTLAUFZEIT / BUDGET
November 2004 bis Februar 2005 :: € 207.000
:: BESCHREIBUNG
Seit dem Beginn des Auseinanderbrechens des Staates Jugoslawien im Jahre 1990 und den damit verbundenen Bevölkerungsbewegungen wurde Montenegro Aufnahmeland für Flüchtlinge und Vertriebene. Zeitweilig betrug der Anteil der Zuflucht suchenden Menschen bis zu 20% der Bevölkerung. Für die kleinste und ärmste der früheren Teilrepubliken Jugoslawiens stellte dies eine aus eigener Kraft nicht zu bewerkstelligende Belastung dar. Derzeit leben in Montenegro noch ca. 8.000 bosnische und kroatische Flüchtlinge sowie weitere 18.000 Personen, die aus dem Kosovo geflohen sind. 90% davon sind serbisch-montenegrinischer Abstammung. Unter den gegenwärtigen Bedingungen ist eine Rückkehr der aus dem Kosovo vertriebenen Personen nicht zu bewerkstelligen und es wird allgemein davon ausgegangen, dass niemand zurückkehren wird! Deshalb bemühen sich insbesondere die vertriebenen serbisch-montenegrinischen Bevölkerungsteile, sich in die Gesellschaft Montenegros zu integrieren. Eine Lösung der Frage dieser Bevölkerungsgruppe kann nur durch die Integration in die montenegrinische Gesellschaft erreicht werden.
Besonders problematisch ist die Situation der vertriebenen Roma. Nach Angaben des Flüchtlingskommissariats waren von den ursprünglich ca. 30.000 Vertriebenen aus dem Kosovo 5.840 Angehörige der Roma. Ein Grossteil der vertriebenen Roma (67%) liess sich in der Mitte des Landes, hauptsächlich in Podgorica, nieder, wo bereits einheimische Angehörige ihrer Volksgruppe lebten. In der Regel sind dies ghettoartige Siedlungen/Lager an der Peripherie der Städte mit miserablen Lebensbedingungen. Die meisten der Nicht-einheimischen Roma (93.2%) verfügen über die erforderlichen Dokumente, die sie als Vertriebene oder Flüchtlinge ausweisen. Ein Grossteil (67.7%) hat vor, einen Antrag auf Staatsbürgerschaft von Serbien und Montenegro zu stellen. Eine Lösung der Frage des Grossteils dieser Bevölkerungsgruppe liegt deshalb ebenfalls in der Integration in die montenegrinische Gesellschaft! Allerdings wird sich die Integration dieser Bevölkerungsgruppe aufgrund der historischen und noch immer vorherrschenden Einstellung der lokalen Bevölkerung wie auch in Teilen der montenegrinischen Behörden gegenüber Angehörigen der Roma erheblich schwieriger gestalten.
Fehlende Ausbildung ist eines der Schlüsselprobleme der Roma in Montenegro. Mehr als die Hälfte der Haushaltsvorstände der vertriebenen Roma hat keine Schul- oder eine abgebrochene Schulausbildung. Die meisten der Romakinder gehen nicht zur Schule (92.9% laut einer Studie des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2003). Das Problem dabei ist aber nicht, dass es etwa Zugangsbeschränkungen oder Hindernisse von staatlicher Seite gibt. Vielmehr geben die Roma an, dass sie sich den Schulbesuch der Kinder nicht leisten können (37.6%) oder dass die Motivation zum Schulbesuch fehlt (30.9%). Bildung und Ausbildungsstand der Frauen sind praktisch nicht vorhanden. In den Lagern Konik I und II in Podgorica gibt es keine Frauen mit irgendeiner Ausbildung! Frauen sind menschliche Wesen mit sehr wenigen Rechten und sehr vielen Pflichten!
Die meisten Romakinder gehen nicht in einen Kindergarten und können deshalb auch nicht auf die Erfordernisse eines regelmässigen Schulalltags vorbereitet werden. Allerdings haben in der Vergangenheit durchgeführte Programme zur Förderung von Romakindern hervorragende Ergebnisse erbracht. Die Anzahl der Romakinder in einem Kindergarten verdoppelte sich und weitere Kinder waren an dem Besuch eines Kindergartens interessiert. Allerdings gab es für sie keine Kindergartenplätze mehr. Solche Programme sind auch deshalb so wichtig, weil sie Eltern auf die Bedeutung der Vorschulerziehung für die spätere Einschulung aufmerksam machen.
Projektbeschreibung
In Konik, dem ärmsten Stadtteil von Podgorica, soll ein Kindergarten mit bis zu 100 Plätzen errichtet werden. Dieser Kindergarten (mit ca. 300 m2 Grundfläche) soll den Kindern aus den Romalagern Konik I und Konik II offenstehen wie selbstverständlich auch den Kindern dieses Stadtteils. Das Kollektivzentrum Konik I in Podgorica ist das grösste Lager für vertriebene Roma in Montenegro; es wurde 1999 auf 34.000 m2 Land erbaut, das von der Gemeinde Podgorica bereitgestellt wurde. Derzeit leben dort noch 253 Familien mit ca. 1.400 Familienmitgliedern, wovon mehr als 300 Kinder unter sechs Jahren sind. Konik ist der ärmste Stadtteil von Podgorica, an den die städtische Müllhalde grenzt; die Romalager Konik I und II sind in unmittelbarer Nachbarschaft dieser Müllhalde gelegen. Neben den aus dem Kosovo vertriebenen Roma leben in Konik einheimische Roma, Bosniaken und Serben, die in ihrer Mehrheit zu den sozial Schwächsten gehören. Das Lager Konik II ist etwas kleiner und beherbergt 61 Familien mit 340 Familienmitgliedern wovon, ca. 90 Kinder unter sechs Jahren sind (ebenfalls alle vertriebene Roma).
Dem neu zu errichtenden Kindergarten kommt eine besondere Rolle zu bei der Integration von vertriebenen Roma in die montenegrinische Gesellschaft wie auch bei der Bildung aller Romakinder. Ohne angemessene Bildung bleiben die Chancen der Roma auf Arbeit und soziale und wirtschaftliche Integration sehr beschränkt. Sie werden bis auf weiteres an den Rand der Gesellschaft verdrängt bleiben ohne Aussicht auf Besserung ihrer Situation.
Das montenegrinische Erziehungsministerium steht zu der Auffassung, dass alle Kinder dieselben Rechte haben auf Erziehung, unabhängig von sozialem Status, Religion oder ethnischer Herkunft. Es ist bereit, bei der Integration der Romakinder in das offizielle Erziehungssystem mitzuwirken.
Der neu zu errichtende Kindergarten wird nach Fertigstellung in die Verantwortung des Erziehungsministeriums übergeben, das für laufende Kosten und Unterhalt zuständig sein wird.
Die Gemeinde Podgorica stellt einen gemeindeeigenen Bauplatz für den Kindergarten zur Verfügung. Bisher war die Bereitschaft der montenegrinischen Gesellschaft beziehungsweise ihrer politischen Führer, sich für die Belange der vertrieben Roma einzusetzen, gelinde gesagt, nicht sehr ausgeprägt.
Die spezifische Problematik der vertriebenen Roma wurde und wird von den meisten lokalen Würdenträgern bisher ignoriert und den internationalen Hilfsorganisationen überlassen. Die Bereitschaft des Bürgermeisters von Podgorica, öffentliches Land bereitzustellen für den Bau des hier beantragten Kindergartens für Roma ist deshalb fast schon als revolutionär zu bezeichnen. In der Vergangenheit waren Bemühungen des Flüchtlingshilfswerkes der Vereinten Nationen, eine Verbesserung der Lebensverhältnisse von Flüchtlingen und Vertriebenen, insbesondere der Roma herbeizuführen oftmals an der starren Haltung der Gemeinden gescheitert.
Diese Bereitschaft der Gemeinde ist auch einer der entscheidenden Gründe für die Auswahl des Projektstandortes. Eine erfolgreiche Projektdurchführung dürfte sich positiv auf die Bereitschaft anderer Gemeinden auswirken, sich für die Belange von Flüchtlingen und Vertriebenen, insbesondere auch der vertriebenen Roma einzusetzen.
Der Kindergarten wird in unmittelbarer Nähe des „Deutschen Hauses IIg gebaut werden, das HELP zur Zeit errichtet. Das Deutsche Haus II umfasst 24 Wohnungen, die 22 aus dem Kosovo vertriebenen Roma sowie zwei einheimischen Romafamilien zur Verfügung gestellt werden.